Innenminister de Maizière und sein Gastgeber, Hubertus Knabe, wissenschaftlicher Direktor der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen auf dem Weg zur Diskussion mit hessischen SchülerInnen.
Thomas de Maizière besuchte am 4.9.2017 das Ex-Stasi-Gefängnis in Hohenschönhausen, um mal zu schauen wie Jugendliche über „Linksextremismus“ aufgeklärt werden
Erstmal Film gucken. Auf dem neuesten Stand der Technik. SchülerInnen beamen sich zum G 20 Gipfel. Krasse Gewalt. Linksterroristen
Die BZ meint:
„Thomas de Maizière informierte sich über ein einmaliges Projekt gegen Linksextremismus: Mit VR-Brille waren Schüler gefühlt live beim linken Terror auf dem G-20-Gipfel dabei. „Wir besprachen mit dem Minister, ob es sinnvoll ist, dass 500 Menschen gegen 20 Neonazis demonstrieren sollten“, sagt Schüler Elias Schmidt (15). „Ich finde, das macht die Rechten unnötig stark und provoziert sie auch noch.“
Diese Einschätzung des Schülers Elias Schmidt, nach der Diskussion mit dem Innenminister bitte bis zum Ende des Artikels im Hinterkopf behalten!
Im BZ Liveticker der BZ ist zu lesen:
„Thomas de Maizière schaut im früheren Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen (Berlin-Lichtenberg) durch eine 360-Grad-Brille – und sieht mit Schülern einen neuen Film zu linksextremistischen Terror auf dem G-20 Gipfel. Danach diskutiert er mit den Jugendlichen.“
Die Veranstaltung wurde von der Stiftung HSH folgendermaßen angekündigt:
„Nach einem kurzen Gang durch das ehemalige Stasi-Gefängnis informiert sich der Minister über die Aufklärungsarbeit der Gedenkstätte zu aktuellen Formen des Linksextremismus. Anschließend nimmt er an einem Seminar mit einer hessischen Schulklasse teil und diskutiert mit den Schülerinnen und Schülern. Der Besuch findet auch vor dem Hintergrund der Ausschreitungen beim G20-Gipfel in Hamburg und dem Verbot der Internetseite linksunten.indymedia.org am vergangenen Freitag statt. Die Plattform ist das einflussreichste Medium der linksextremen Szene.“ (Stiftung HSH)
Das BMI dokumentierte den Besuch unter anderem mit einem bemerkenswerten Foto. Dabei stehen nicht die hippen VR Brillen und G 20 im Vordergrund, sondern eine Demo gegen Nazis! De Maizière sitzt im Kreise der 9. und 10. Klässler aus Bad Hersfeld, vor ihm liegend ein Papier auf dem als Überschrift zu lesen ist:
„Ich bleibe zu Hause! Denn Gegendemos bringen nichts. Sie werten die Nazis nur auf und bringen denen nur mehr Aufmerksamkeit.“
Darunter stehen Aussagen der Schüler:
– Es gibt genug Probleme
– Sie sollen nicht mehr Macht bekommen
– zu Hause ist man sicherer
– Menschen können gegen ihren Willen mit hinein gezogen werden
– mehr Schäden und Kosten entstehen in/für Deutschland
– Verunsicherung der Bürger/Mitmenschen durch die Gegendemo
– schlechter Hinblick auf Deutschland
Die Auflösung: Hier wurde ein Rollenspiel angeregt. Die SchülerInnen sollten drei vorgegebene Positionen diskutieren. Dies wurde allerdings zunächst weder vom BMI noch vom Gastgeber öffentlich bekannt gegeben.
Es wäre interessant zu erfahren, wie die Diskussion mit dem Innenminister verlief, warum das BMI ausgerechnet dieses Bild auswählte und was sich die Initiatoren des Rollenspiels bei der Formulierung der drei Optionen gedacht haben. Das Foto einer Folie, welche die Arbeitsanweisungen der Seminarleiter zeigt und auf Twitter kursierte, stammte weder vom BMI noch von der Stiftung HSH. Der Text lautete:
„Antifa heißt Angriff“
– mit allen Mitteln und ohne Diskussion?
Findet euch in drei Gruppen zusammen!
Sammelt Argumente zu eurer Position bezüglich der NPD Demo in Bad Hersfeld und schreibt sie auf das Plakat!
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„Ich kann verstehen, wenn Gegendemonstranten Gewalt anwenden. Anders kann man Nazis nicht entgegentreten. Und die Polizisten muss man auch angreifen, denn sie schützen diese Rechtsextremisten.“
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„Ich gehe zur friedlichen Gegendemonstration, das ist wichtig, um gegen die Nazis ein Zeichen zu setzen. Aber Blockaden und Gewalt helfen gar nichts!“
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„Ich bleibe zu Hause! Denn Gegendemonstrationen bringen nichts. Sie werten Nazis nur auf und bringen denen mehr Aufmerksamkeit.“
Update 5.9.2017
Das BMI reagiert auf Twitter. Die „drei vorgegebenen Positionen“ werden in der Stellungnahme jedoch verkürzt, bzw. verändert wiedergegeben. Blockaden etwa werden für die Position 2, anders als in der ursprünglichen Formulierung im Rollenspiel, nicht mehr erwähnt.
Das BMI twittert darüberhinaus eine Stellungnahme der Stiftung HSH:
„Die Seminare sind pluralistisch und multiperspektivisch. Wir diskutieren und geben keine Meinungen vor. Abschließend folgt immer Reflexion.“
Es werden keine Meinungen vorgegeben. Nur Positionen. Eine interessante Differenzierung, die von den Verantwortlichen vorgenommen wird. Fraglich bleibt, wie in einem pluralistischen und multperspektivischen Seminar die Frage von rechtsextremer Gewalt gegen Linke, gegen die Polizei, gegen Asylsuchende, die eminente Gefahr des Rechtsterrorismus, rechtsextreme Tendenzen bei Polizei und Bundeswehr, Verstrickungen des Verfassungsschutzes mit Neonazis völlig ausgeblendet wird und stattdessen Widerstand und Protest gegen Neonazis mit dem Label des „Linksextremismus“ versehen und dessen Bedrohungspotential in den schrillsten Tönen dargestellt wird. „Blockaden und Gewalt bringen nichts.“ So heißt es in Position 2. Nur ist die (Un-)rechtmäßigkeit von Blockaden durchaus umstritten und eine Blockade hat mit Gewalt nichts zu tun. Dieser Aspekt hätte also durchaus ein diskussionswürdiger Ansatz im Seminar sein können. Stattdessen wird das ganze „Nazi-Gegendemo“ Rollenspiel eingebettet in die hysterische Diskussion um die Proteste anlässlich des G 20 Gipfels. Auch hier gab es Großdemos und mehrere erfolgreiche Blockaden von Protestlern, die weder dem sogenannten linksextremen noch dem terroristischen Umfeld zuzurechnen sind. Der Fokus in Teilen der Politik und Medien liegt jedoch auf den Ausschreitungen einer vergleichsweise kleinen Gruppe von Gewalttätern und Randalierern. Kritische Journalisten hinterfragen hingegen die Einschränkungen von Versammlungsrecht und Pressefreiheit, falsche Polizeikonzepte, Polizeigewalt und die Militarisierung polizeilicher Maßnahmen anlässlich des G 20 Gipfels. Dass Thomas de Maizière mit den Schülern, die ihm auch ihre Thesen zum Umgang mit einer NPD Demo darlegten, einen „neuen Film zu linksextremistischem Terror auf dem G-20 Gipfel“ (BZ) ansah, rundet das „pluralistische und multiperspektivische“ Seminar ab.
Position 1 und 2 wurden am 5.9. nachgereicht:
Thomas de Maizière im MDR Interview, einen Tag nach Beginn der rassistischen Ausschreitungen vor einer Flüchtlingsunterkunft in Heidenau, bei denen mehrere Dutzend Polizeibeamte verletzt wurden:
Nachtrag:
Liebe „Faktenchecker“ von Correctiv,
anstatt euch an einem Tweet abzuarbeiten, den ich bewusst provokant formulierte , den ich zu einem Zeitpunkt schrieb, als ich keine weiteren Informationen über das „Rollenspiel“ und die weiteren Positionen hatte, setzt euch doch bitte mit der Thematik auseinander und überprüft auch die Aussagen des BMI und der Stiftung HSH. Letztere zitiert ihr mit dieser Aussage:
„Wir impfen den Schülern dabei keine Meinung ein“, erklärt auf Correctiv-Anfrage eine Mitarbeiterin der Gedenkstätte. Diskutiert wurde über Gewalt bei Demonstrationen, aber auch über zivilen Ungehorsam, wie etwa über Sitzblockaden. „Die Jugendlichen sollen verschiedene Formen, wie man Protest ausdrücken kann, kennenlernen.“
Die Widersprüchlichkeit dieser Aussage habe ich in diesem Artikel dargestellt. Blockaden wurden in der vorgegebenen Position 2 in einem Atemzug mit Gewalt benannt. In der späteren Stellungnahme des BMI wurde die Formulierung „Blockaden und Gewalt“ durch „friedliche Gegendemonstration ohne jegliche Gewalt“ ersetzt. Einen Tag später behauptet die Stiftung HSH plötzlich, man habe den Schülern verschiedene Protestformen wie Sitzblockaden (zivilen Ungehorsam) nahebringen wollen. Also die Protestform, die laut Position 2, wie Gewalt, „nichts bringe“.
Position 1: Gewalt gegen Nazis ist richtig. Gewalt gegen Polizei ist auch richtig weil sie Nazis schützen.
Position 2: Friedlicher Protest gegen ist Nazis richtig. Blockaden und Gewalt bringen nichts. Ergo: Ziviler Ungehorsam bringt nichts, bzw. ist im Grunde auch Gewalt.
Position 3: Gegendemonstrationen bringen nichts. Werten Nazis nur auf.
Got it?
Der Artikel des BMI vom 4.9. wurde im Nachhinein als Reaktion auf die geäußerte Kritik um die Rollenspiel-Thematik ergänzt:
„Innerhalb eines Rollenspiels, sollten Schüler am Beispiel einer größeren rechtsextremen Kundgebung eine von drei vorgegebenen Positionen im Umgang hiermit einnehmen und diskutieren. Zur Auswahl standen folgende drei Verhaltensoptionen:
Gegendemonstration mit möglicher Gewaltanwendung gegen Polizei und rechte Demonstranten;
friedliche Gegendemonstration ohne jegliche Gewalt;
gar keine Demonstration gegen rechte Kundgebung.
Dabei vertraten weder die Schülerinnen und Schüler zwingend selbst persönlich die eingenommene Position, noch hat der Minister vor den Schülern eine der Positionen eingenommen oder die Teilnehmer von einer dieser Positionen überzeugen wollen.
Und hier die anderen Arbeiten, die von Schülern angefertigt wurden. Sie dienten der Vorbereitung auf die Diskussion. @BMI_Bund pic.twitter.com/nEI0547Tof
— GedenkstätteHSH (@StasiGefaengnis) 5. September 2017Der Text wurde inzwischen um den zweiten Abschnitt samt Aufzählung sowie einen Tweet mit Bildern der Gedenkstätte ergänzt, um das Rollenspiel der Schülergruppe deutlicher herauszuarbeiten.“
Die SchülerInnen vertraten die eingenommen Positionen “ nicht zwingend selbst persönlich“? Wer im Ministerium ist für solche Sätze verantwortlich ??
Auch die „Faktenchecker“ von Mimikama stellen die drei Positionen verkürzt/modifiziert und verklären die Abfolge der Ereignisse mit Falschaussagen:
Das Innenministerium veröffentlichte daraufhin einige Pressefotos des Workshops.
Doch dieses Plakat war nur eines von vielen und diente lediglich zur Vorbereitung einer Diskussionsrunde mit dem Titel: “Eine rechtsextreme Kundgebung findet statt – was unternimmst du?”
Um eine ordentliche Debatte zu führen, wurden drei Gruppen gebildet:
Gruppe 1 sollte die Rolle von gewaltbereiten Gegendemonstranten einnehmen.
Gruppe 2 wünscht sich eine friedliche Gegendemo.
Gruppe 3 bleibt lieber zu Hause.Zufälligerweise und wohl auch leider, gelangten vorrangig die Großaufnahmen der Plakate von Gruppe 3 ins Internet und die Buschtrommel trug nur noch zusammenhanglose Fragmente weiter.
Auf dem offiziellen Twitter-Account der Gedenkstätte HSH kann man die Plakate der anderen Gruppen einsehen:
Und hier die anderen Arbeiten, die von Schülern angefertigt wurden. Sie dienten der Vorbereitung auf die Diskussion. @BMI_Bund pic.twitter.com/nEI0547Tof
— GedenkstätteHSH (@StasiGefaengnis) 5. September 2017
Zufälligerweise und wohl auch leider… können erwachsene Menschen heutzutage unausgegorenen Blödsinn als Faktencheck im Internet anpreisen.
Das BMI veröffentlichte auf seiner Internetseite und via Twitter Account genau 1 Bild des Rollenspiels auf dem der Minister mit SchülerInnen und dem Plakat der Position 3 zu sehen sind. Dieses Bild ist immer noch dort zu sehen. Ob die Auswahl dieses Fotos (leider) dem Zufall geschuldet ist wurde bislang nicht beantwortet. Die Großaufnahmen der Position 3 landeten jedenfalls im Internet weil ich diesen Bildausschnitt am frühen Abend des 4.9. getwittert hatte., Es gab/gibt schlicht keine anderen Bilder des BMI, die alle Positionen in Gänze zeigten. Lediglich ein qualitativ schlechtes Foto der Präsentation einer Folie kursierte im Netz, stammte aber nicht vom BMI. Die Aufnahmen der Plakate von Position 1 und 2 hatte die Stiftung HSH am 5.9. aufgrund der Reaktionen im Netz nachgereicht. Was der Minister nun im Gespräch mit den SchülerInnen tatsächlich sagte, als ihm Position 3 vorlag ist bis heute nicht bekannt. Der eingangs zitierte Schüler Schmidt scheint jedenfalls die Position 3 verinnerlicht zu haben, die ihm vorgegeben wurde, die er aber laut BMI nicht zwingend selbst persönlich vertreten habe.
Auch andere Online Medien bemühen sich um fact checking und die Aufdeckung von fake news:
„De Maizière soll Schülern von Anti-Nazi-Demos abgeraten haben – das steckt hinter der Meldung. (…) Fazit: Es gibt Fake News nicht nur von Rechts und der AfD. Auch Linke verkürzen Aussagen so, dass sie am Ende völlig sinnentstellt sind und in ihr Weltbild passen.“ (Huffington Post)
Nee klar. Linke Gewalt gleich rechte Gewalt. Linke Fake News gleich rechte Fake News. Sitzblockade gleich Brandanschlag. Both sides, sagte Trump nach Charlottesville auch.
Vice: bemüht sich um Differenzierung:
„Will der Innenminister Schüler hier davon abhalten, gegen Neonazis zu demonstrieren? Das behaupten Linke. Warum die Wahrheit nicht so einfach ist – das Foto aber trotzdem problematisch.Soll man gegen Neonazis demonstrieren oder nicht? Klar, dazu kann man verschiedene Meinungen haben. Was aber nicht geht: sich als deutscher Innenminister hinstellen und einer Gruppe Schülern erklären, warum sie lieber nicht gegen Rechte auf die Straße gehen sollten. Genau das, verbreiten vor allem Linke gerade im Netz, habe Thomas de Maizière aber am Dienstag in der Stasi-Gedenkstätte Hohenschönhausen getan. Auslöser für den Vorwurf ist dieses Foto, das das Innenministerium selbst auf seiner Webseite verbreitet hat. Für einige Betrachter war sofort klar, was auf dem Bild zu sehen ist: „De Maizière impft Schüler“, schreibt der Autor eines Blogs namens „machtelite“ auf Twitter, „Bundesinnenminister de Maizière macht nochmal klar: Der Feind steht links und gegen Nazis demonstrieren ist nicht gut“, schreibt ein Journalist von der Jungle World. Die Tweets werden Hunderte Male verbreitet, immer mehr Leute regen sich auf. „Ein Innenminister, der Jugendl. rät, nicht gegen Nazis zu demonstrieren, ist fehl am Platz und sollte nachdenken, welche Werte er vermittelt“, kommentiert ein anderer das Foto. Damit hätte er wahrscheinlich recht. Das Problem ist nur: Das ist so nie passiert. Das Foto ist eher ein typisches Beispiel dafür, wie Empörung im Internet funktioniert. Es ist völlig aus dem Kontext gerissen, bestätigt aber Vorurteile, die Linke sowieso gegen den Innenminister hegen. (…) Auf Nachfrage bestätigt die Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen das: „Dieser Teil des Seminars war ein Rollenspiel“, sagt Pressesprecher André Kockisch. Die Schüler seien aus Bad Hersfeld, wo gerade eine NPD-Demo stattfinden soll, und deshalb in drei Gruppen mit jeweils anderen Standpunkten aufgeteilt worden: „Ich demonstriere friedlich“, „Ich demonstriere gewaltbereit, mit allen Mitteln“ und „Ich gehe da nicht hin, das ist mir egal“. „Das Plakat auf dem Foto war das Ergebnis dieses letzten Standpunktes.“ Dabei hätten weder die Seminarleiter noch der Innenminister irgendeine Position bezogen. In der anschließenden Diskussion sei es allerdings schon darum gegangen, wie man „besser“ mit rechten Demos umgehen könne, „indem man sich eben nicht raushält und nicht sagt, dass es einem egal ist“, erklärt Kockisch. Kurz gesagt: Der Vorwurf ist Unsinn, der Innenminister hat nie irgendwelchen Schülern „eingeimpft“, dass sie bei der nächsten Neonazi-Demo lieber zu Hause bleiben sollen. „Zu unterstellen oder auch nur zu vermuten, der Bundesinnenminister vertrete die Auffassung, man solle nicht ‚gegen Nazis‘ demonstrieren, ist abwegig“, erklärte eine Ministeriumssprecherin gegenüber VICE.“
Da ich, meines Wissens, als Erster den Großausschnitt des BMI Fotos getwittert habe, möchte ich zum Vice Artikel Stellung nehmen.
Mein Tweet vom 4.9.2017:
„De Maizière impft Schüler.Prävention gegen Linksextremismus: „Demos gegen Nazis bringen nichts.“ WTF 😳“
Der Besuch des Innenministers war eine PR/Wahl-Veranstaltung. In einer Gedenkstätte eines ehemaligen Stasi Gefängnisses wurden Schülern medienwirksam VR-Brillen aufgesetzt, mittels denen sie sich „mit extremistischen Verhaltensweisen und Straftaten beschäftigen“ konnten. Der Film handelte von „linksextremistischer Gewalt“ beim G 20 Gipfel. Dieser „Hintergrund“ wurde vorab bereits angekündigt von der Stiftung HSH. Nachdem die Fotos mit den Brillen und de Maizière im Kasten waren, entstand das umstrittene Bild. Die selben Schüler, die zunächst mit dem Minister in die virtuelle Welt abtauchten, erarbeiteten die 3 Plakate. Erneut in Anwesenheit von Pressefotografen und Filmkameras.
Ich habe nicht behauptet, der Innenminister wolle Schüler davon abhalten gegen Nazi zu demonstrieren. Ich habe auch nicht behauptet, er wolle das verbieten wie die Bravo Dependance von SPON (bento) titelte.
„de Maizière impft Schüler“ ist insofern nicht falsch, weil der Innenminister das Projekt „Linke Militanz in Geschichte und Gegenwart“ der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen promotete. Das BMI twitterte:
„Minister #deMaizière rückt Prävention gg Linksextremismus in den Fokus. Gespräche mit Schülern in #StasiGefaengnis.“
„Prävention gegen Linksextremismus“ steht mithin zurecht im Tweet. „Demos gegen Nazis bringen nichts“ ist ebenfalls ein korrektes Zitat aus dem abgebildeten Foto der Position 2.
Der Vice Autor kritisiert zwar im weiteren Verlauf seines Artikel zurecht die Verquickung der Themen Stasiknast, G 20 und Antinazi-Demos, doch in der oben zitierten Passage geht er der Stiftung HSH und dem BMI auf den Leim. „Linke“ hätten „Vorurteile“ gegenüber de Maizière und würden mit aus „dem Kontext gerissenen“ Informationen für „Empörung im Internet“ sorgen.
Dass für de Maizière der Feind links steht ist kein Vorurteil sondern eine Tatsache.
Dafür, dass das BMI ein irritierended Foto postet und als Kontext „Minister #deMaizière rückt Prävention gg Linksextremismus in den Fokus. Gespräche mit Schülern in #StasiGefaengnis.“ dazu schreibt, ist mindestens unprofessionell und dämlich. Oder Absicht.
Was der Minister gesagt hat, wie die Diskussion verlief, ist nicht bekannt. Ebenso warum dieses Foto ausgewählt wurde. Natürlich sollten die Schüler geimpft werden. Von der Stiftung HSH. Geimpft gegen Linksextremismus. Und wenn aufmerksame Blogger/Twitterer nicht auf diesen Bildausschnitt aufmerksam gemacht hätten, wäre die Diskussion um diese PR Veranstaltung gegen „Linksextreme“ kaum medial beachtet worden. Warum erklärt der VICE Autor nicht deutlich, dass das BMI im Nachgang die 3 Positionen verkürzt und verändert wiedergab? Warum kein ausführliches Transkript der Folie mir den kompletten Positionen?
Der zweite Part des Vice Artikels ist hingegen gelungen:
„Abgesehen davon, dass das Wort „Terror“ im G20-Kontext eine völlig bescheuerte Übertreibung ist, ist die Verbindung von „Stasi-Folterkeller“ und „G20-Protesten“ schwierig. Kockisch bestätigt, dass auch die Schüler vor den Seminaren eine Führung der Stasi-Folterkerker bekommen. Und auch wenn er erklärt, dass das neue VR-Video vom G20-Gipfel nie in einen Zusammenhang mit den Verbrechen der Stasi gestellt werden sollte – wird dieser Zusammenhang für die Schüler nicht automatisch durch den Ort hergestellt? Kockisch sieht das weniger problematisch: „Es ist gerechtfertigt, dass man das Thema auch in die Gegenwart holt. Es geht immerhin um linke Strömungen, und das ist thematisch mit der Gedenkstätte zu vereinbaren.“ Nicht alle sehen das so: Schon 2014 kritisierte das Deutsche Jugendinstitut die Präventionsarbeit der Gedenkstätte: Sie sei „stark durch die emotionale Dramaturgie des Ortes gerahmt“ und stelle linke Strömungen pauschal unter einen „unausgesprochenen Totalitarismusverdacht“.
Ebenso ein Artikel in der Jungen Welt:
„Bereits Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte Mitte August Hubertus Knabes Gruselkabinett besucht und die »Bekämpfung« von »Linksradikalismus« zum Wahlkampfschlager ausgerufen. Nun durfte ihr Minister nachlegen und indoktrinierte bei dieser Gelegenheit eine Schulklasse aus Bad Hersfeld. Diese besuchte eines der dort veranstalteten »Seminare« unter dem Titel »Linke Militanz in Geschichte und Gegenwart. Aufklärung gefährdeter Jugendlicher über Linksextremismus und Gewalt«. Um nicht als Opi dazustehen, passte de Maizière sich dem Zeitgeist an und setzte – wie auch die Neunt- und Zehntklässler – eine Virtual-Reality-Brille auf, um sich die Proteste gegen G 20 in 3D anzuschauen. In lockerer Plauderrunde unterhielt er sich über die Sinnhaftigkeit des Widerstands gegen Neonaziaufmärsche. Ein großer Papierbogen mit handschriftlichen Notizen lag in deren Mitte: »Ich bleibe zu Hause! Denn Gegendemos bringen nichts. Sie werten die Nazis nur auf«, steht darauf. Oder: »Verunsicherung der Bürger/Mitmenschen durch die Gegendemo.« Dabei hat de Maizière Glück, dass es dieses Seminar überhaupt noch gibt. Bereits zu Beginn der Regierungszeit sollte es auf Betreiben des SPD-Familienministeriums nicht mehr gefördert werden, CDU und CSU wussten dieses Bestreben allerdings zu verhindern. In einer Evaluation hatte das Deutsche Jugendinstitut 2014 attestiert, dass das Pauken in Hohenschönhausen »stark gesteuert«, »suggestiv« und »undifferenziert« sei, geprägt von »einseitiger Materialauswahl« wie auch einem »unausgesprochenen Totalitarismusverdacht« gegen Linke. Nach Angaben der Gedenkstätte waren seit 2011 insgesamt 21.000 Schüler Knabes Pädagogik ausgesetzt. Das sei viel, aber immer noch zu wenig, es gebe ein Übergewicht bei Projekten gegen Rechtsextremismus, sagte de Maizière laut Berliner Morgenpost nun am Montag und stellte der Gedenkstätte für die kommende Legislaturperiode weitaus höhere Fördersummen als bisher in Aussicht.“