Pinocchio-Partei: die Lügen der AfD

Ausgerechnet die Partei, deren  Vorsitzende Journalisten gerne als „Vertreter der Pinocchio-Presse“ bezeichnet und deren Anhänger, die sich in sämtlichen Kommentarspalten und Sozialen Medien als geistige Brandstifter betätigen und den nationalsozialistisch belasteten Begriff der „Lügenpresse“ weiterhin goutieren, nimmt es mit der Wahrheit selten genau.

Eines von vielen Beispielen:

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Gezielt werden in dieser Graphik Verbrechen ausschließlich Menschen nichtdeutscher Herkunft zugeschrieben, die anhand ihres „südländischen, afrikanischen, vermutlich nordafrikanischen, ausländischen, bzw. arabischen Aussehens“ indentifiziert werden. Raub, Belästigung, Vergewaltigung, Terrorverdacht, Schlägereien. Das bunte Potpurri der mutmaßlichen und tatsächlichen Taten hat einen gemeinsamen Nenner: Täter sind in keinem Fall Deutsche. Bei genauer Betrachtung des Komplexes wird allerdings deutlich, dass dieses Bild eine Verzerrung der Realität darstellt:

Wir haben Experten danach befragt, ob es ihrer Auffassung nach belastbare Hinweise darauf gibt, dass Asylbewerber (und darauf haben wir uns beschränkt) grundsätzlich krimineller seien als Deutsche. Einhellige Antwort: Nein, dafür gebe es keinen Anhaltspunkt. (..) André Schulz vom Bund Deutscher Kriminalbeamter sagt: „Wir haben jetzt keine Erhöhung festgestellt in diesem Bereich. Von daher muss man einfach sagen, mit diesen Ängsten zu spielen, ist dann perfide. Ausländer, gerade Asylbewerber, sind in diesem Bereich Sexualstraftaten nicht auffälliger als deutsche Täter.“ (NDR)

Schlägereien in Asylbewerberheimen sind zu sicher zu veruteilen. Nur darf nicht unterschlagen werden, dass Menschen unterschiedlicher Herkunft aus Krisen- und Kriegsgebieten, die auf engstem Raum ohne Privatsphäre zusammenleben, Konflikte haben können und diese leider auch in Gewalt münden können. Das passiert Menschen mit deutlich geringen Problemen fast jedes Wochenende vor deutschen Fußballstadien und niemand nimmt das zum Anlass dies auf Parteiplakaten zu dokumentieren.

Dass die AfD auch vor handfesten Lügen und Übertreibungen nicht zurückschreckt ist bekannt. In der Grafik ist die Rede von befürchteten Terroranschlägen und arabischen Allerweltsnamen von sieben Männern. Dass die Münchener Terroralarm ähnlich der Situation von Hannover auf heißer Luft der Dienste beruhte wird dezent verschwiegen.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière konnte in einer Stellungnahme  zur Beruhigung der Nation beitragen:

Die Sicherheitslage in Europa und auch in Deutschland bleibt ernst. (…) Sie müssen sich das nicht so vorstellen, dass es, äh, konkrete Menschen sicher gibt die einen Anschlag geplant haben, sondern es gibt dann Hinweise. Manchmal mit Personenbezug oder in diesem Fall mit Personenbezug. Das heißt Hinweise auf Namen, die natürlich alle sofort überprüft worden sind. Ob das reale Namen sind, ob das Namen sind, die, um uns zu verunsichern, äh, vom Hinweisgeber einfach nur gemacht worden sind, dass ist alles weiter Gegenstand von,äh, Ermittlungen. Ähm, und es kann sein, dass so etwas im Nachhinein nicht aufgeklärt wird. (…) Aber die aktuelle Gefährdungslage so wie sie die Hinweislage gestern, ähm, geboten sch.., also wie sie, äh, geboten war, die gibt es so jetzt nicht mehr.

Dass am Sylvesterabend in Köln Frauen von 1000 Männern sexuell belästigt wurden, ist eine dreiste Übertreibung. Es gibt weder 1000 Täter, noch 1000 Tatverdächtige:

Unter den 33 Tatverdächtigen, die von der Bundespolizei identifiziert wurden, sind neun algerische, neun marokkanische, fünf iranische, vier syrische, ein irakischer, ein serbischer, ein US-amerikanischer sowie drei deutsche Staatsangehörige. 23 seien Asylbewerber. Zu den von der Kölner Polizei identifizierten Tatverdächtigen gehören sieben marokkanische, ein tunesischer, ein syrischer, ein libyscher, ein somalischer, ein iranischer, ein türkischer, ein albanischer und drei algerische Staatsangehörige. Von zwei Beschuldigten ist die Staatsangehörigkeit noch nicht geklärt. Zehn Tatverdächtige sind Asylbewerber, neun von ihnen vermutlich illegal in Deutschland. (…) Nach Informationen des WDR ermittelt die Polizei bereits seit längerem gegen organisierte Banden, deren Mitglieder mehrheitlich aus Marokko, Tunesien und Algerien stammen sollen. Dabei sollen sie sich auch die aktuelle Flüchtlingslage zunutze machen: Sie reisen den Informationen zufolge zunächst nach Istanbul, um von dort über die Balkanroute als angebliche Flüchtlinge nach Deutschland zu kommen. (WDR 18.1.2016)

Sabine Hark über die fatale Verquickung von Sexismus und Rassismus:

Sexismus manifestiert sich in Finnland anders als in Marokko, existieren tut er dennoch in beiden Gesellschaften. Was wir allerdings gerade erleben, ist, dass Sexismus als Element nur einer spezifischen Religion und Kultur in den Blick gerückt wird und eben nicht als Teil männlicher Herrschaft, die der französische Soziologe Pierre Bourdieu als Paradigma von Herrschaft überhaupt analysiert hat. Und diese männliche Herrschaft gilt es überall infrage zu stellen. (Zeit Online 18.1.2016)

Ein Polizeibericht von der Veranstaltung im vergangenen Jahr verharmloste einen sexuellen Übergriff durch einen 20-jährigen Deutschen drastisch. Im Wortlaut heißt es in dem im September veröffentlichten Wiesn-Report der Polizei-München: „Ein spaßig gemeinter Griff unter den Rock seiner amerikanischen Wiesn-Bekanntschaft endete für einen 20-jährigen Deggendorfer äußerst schmerzhaft. Die ‚Rockbesitzerin‘ drehte sich mit samt Maßkrug um und das Trinkgefäß landete wuchtig auf dem Kopf des kecken Burschen.“ Die Polizei München verkauft die Geschichte wie eine lustige kleine Anekdote von der Wiesn. Als wäre es völlig normal, Frauen unter den Rock zu grapschen. Kein Wort davon, dass sich der 20-Jährige falsch verhalten hat. Im Gegenteil: „Natürlich handelt es sich hierbei um eine Straftat der gefährlichen Körperverletzung“, heißt es weiter – und damit ist nicht der Grapscher, sondern die junge US-Amerikanerin gemeint, die sich gegen den Übergriff zur Wehr setzte. Nach Zahlung einer „vierstelligen Eurosumme“ habe die Amerikanerin die Wiesnwache wieder verlassen können. (Stern de.)

 

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Ein Kommentar

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